Umm el-Jemal befindet sich auf der Kante einer Basaltplatte in Nord- Jordanien, in der Region des südlichen Hauran. Die Balsaltplatte entstand bei praehistorischen vulkanischen Eruptionen auf den Ausläufern des Jebel Druze. Während der spätrömischen und byzantinischen Zeit und auch später in der Ommayad- Periode war Umm el-Jemal eine von dutzenden Städten und Dörfern auf der Platte zwischen Dera`a im Westen und Deir al-Kahf im Osten. Die römische Straße, via nova traiana, erbaut 112-114 n. Chr. unter Trajan. verläuft ca. 8 km westlich von Umm el-Jemal auf seiner Route von Bostra nach Philadelphia (Amman). Umm el-Jemal selber lag an einer Nebenstraße, welche an Qasr el-Ba´ij von der via nova abzweigte und nach Osten nach Umm el-Quttein und Deir el-Kahf verlief. Diese Nebenstraßen verbanden die Städte und Dörfer des südlichen Haurans miteinander, mit ihren großen Marktzentren wie Bostra und Suweida und der Wüstenoase Azraq. Umm el- Jemal liegt in der Gabelung von zwei trockenen Wadis (trockene Flußläufe), welche das abfließende Wasser der unteren Ausläufe des Jebel Druze mit sich führen. Das frühere Dorf lag auf der westlichen Bank des östlichen Arms und die spätere Stadt auf der östlichen Bank des westlichen Arms. Der antike Name Umm el- Jemals ist unbekannt.
Der Ort hat eine der größten Sammlungen nabataeischer Inschriften überhaupt. Doch wird angenommen, daß es sich um eine adaptierte nabataeische Kultur handelt. Die Einwohner, die nabataeisch schrieben nutzten viel mehr griechisch. Auch wurden so gut wie keine nabataeische Keramik gefunden, die Einwohner nach dem 3. Jh. n. Chr. nutzen fast ausschließlich griechische Ware. Die beliebteste Interpretation besagt, daß die frühere Siedlung von Arabern gegründet wurde, die unter nabataeischem Einfluß der nahegelegenen Hauptstadt Bostra standen. Diese Dörfler sprachen vermutlich arabisch oder einen aramaeischen Dialekt und übernahmen sowohl nabataeische, als auch römische Sitten, als sie seßhaft wurden. Die meisten Namen auf ihren Grabsteinen sind, obwohl in griechischer Schrift geschrieben, arabische und aramaeische. Nach der Zerstörung der nabataeischen Siedlung im 3. Jh., schienen die Erbauer der neuen Stadt andere regionale Araber zu sein, die zwar die frühere hydraulische und architektonische Technologie übernahmen, jedoch kein Interesse an nabataeischer Sprache oder Religion zeigten. Man kann die Bewohner Umm el-Jemals auch nicht als Römer oder Byzantiner bezeichnen. Die Gebrauchskeramik war hauptsächlich typisch römisch oder byzantinisch mediterran. Doch die Architektur und die Lebensweise sehr einheimisch, mit nur wenigen römischen und griechischen Einflüssen. Die Bewohner Umm el-Jemals waren somit lokale arabische Stämme, welche in ländlichen Gemeinschaften siedelten, im Kontext nabataeischer, römischer, byzantinischer und Ummayad politischer und kultureller Expansion und Regentschaft.
Umm el-Jemal war über einen Zeitraum von ca 700 Jahren besiedelt. Vom 1. bis zum 8. Jh. n. Chr. und dann wieder im frühen 20. Jh. Im 2. und 3. Jh. war es eine ländliche Siedlung welche ihren Aufschwung durch die Nabataeische Besetzung erhielt, aber seinen Wohlstand durch die Eingliederung der Region in das römische Reich nach einer friedlichen Transformation des Nabataeischen Kernlandes nach Jordanien in die Provincia Arabia. Von Trajan (106 n. Chr.) bis zum Ende der severischen Dynastie (235 n. Chr.), scheint das Dorf eine recht blühendes, ungestörtes Landleben gehabt zu haben mit ca. 2000 bis 3000 Einwohnern. (Dies kann man von der Vielzahl von hunderten von Grabsteininschriften auf griechisch und nabataeisch erkennen, welche vielfach als Kragsteine und Treppenstufen/- Schwellen in der späteren Stadt wieder benutzt wurden. Diese Inschriften geben uns Namen verschiedener Generationen von Einwohnern, z.B.: „Asad, (Sohn des) Akrab, Alter 30“ „Masik, Sohn des Zabuhd“) All dies endete in der Mitte des 3. Jh. n. Chr. Eine der Hypothesen ist, daß die damalige Siedlung während des Bürgerkriegs der palmyrenischen Rebellion Königin Zenobias gegen das römische Reich zerstört wurde. Sowohl die Grabsteine, als auch Gebäude der Siedlung wurden geplündert, um damit die späteren Befestigungsanlagen und die spätere Stadt zu bauen. Die Überreste der Siedlung sind heute sichtbar als eine ca. 300 bis 400 m lange ovoide Fläche bedeckt von Kieselsteinen auf einer kleinen Erhöhung ca. 200 m östlich der heute noch erhaltenen späteren Stadt.
Das spätere Umm el-Jemal war eine Militärstation auf dem Limes Arabicus, der im 4. bis 5. Jh. konstruierten befestigten Grenze unter den Kaisern Diocletian und Konstantin. Schon im 2 Jh. wurde unter Aufsicht des römischen Reiches mit der Konstruktion eines Tors und einer Mauer neben der Siedlung auf dem Areal der sich befinden Stadt begonnen. Dies wird ersichtlich aus einer Widmungsinschrift (beschrieben bei Butler von den Ruinen des Commodus Tores) über den Aufbau der Verteidigungsmauer während der Mitregentschaft von Marcus Aurelius und seinem Sohn Commodus. Diesen Arbeiten folgten die Errichtung des großen Reservoirs und des Praetoriums. Doch nach der Zerstörung der Siedlung wurde unter Diocletians großem Wiederaufbau eine riesige Befestigungsanlage, das Castellum (133-4) auf der Ostseite der späteren Stadt gebaut. Man muß sich das 4.- 5. Jh. mit dem Commodus Tor, dem Praetorium, dem Reservoir 9 und dem Kastell vorstellen. Aber ohne die Barracken, die heute vorhandenen Häuser und Kirchen. In Umm el-Jemal verlor das tetrarchische Castellum seinen militärischen Charakter schon wieder im frühen 5. Jh., und wurde möglicherweise als Marktplatz weitergenutzt (man schließt von den Funden in den Straßen zwischen den Baracken darauf). Zur selben Zeit wurden die Baracken als Feldlager für eine stark reduzierte frühbyzantinische Garrison gebaut.
Die Konvertierung zum Christentum brachte auch Kirchen hervor. 15 wurden während des späten 5. und 6. Jh. errichtet. In dieser Blütezeit werden ca. 6 bis 8000 Einwohner für Umm el-Jemal geschätzt. Ohne Zweifel, hatte auch Umm el- Jemal Einbußen während des späten 6. Jhs. n. Chr. als die Region von Plagen und Kriegen mit den Persern getroffen wurde. Nach der muslimischen Besetzung gab es eine Zentralregierung der Ummayaden von Damaskus aus (661-750). Der Ort scheint bis zum Ende der Ummayaden kontinuierlich besiedelt gewesen zu sein. Nach einem Erdbeben in 747 wurde die Stadt nicht wiederaufgebaut.
Seit 1950 wächst ein kleines jordanisches Dorf um die antike Stätte herum. Bis 1975 nutzen die Dorfbewohner das antike Wassersystem mit dem römischen Reservoir. In den letzten Jahrzehnten wurde das das antike Bewässerungssystem von dem Bohren tiefer Brunnen abgelöst und die antiken Felder werden wieder bestellt. Leider haben die modernen Pflüge die alten römischen Kanäle zerstört, so daß sich die römischen Wasserreservoires nicht mehr mit Wasser füllen können.
Umm el-Jemal gibt uns einen Einblick in das Leben der einfachen Bevölkerung, Araber, Nabataeer und Syrer. Diese Leute bezeichnet de Vries als Rückgrat der römischen Ordnung und Wirtschaft. Sie gehörten zu den Grenzstämmen die bei den Nabatäischen Wassertechnologien siedelten. Umm el-Jemal besteht aus einfachen Wohnhäusern. Die Architektur zeigt uns, daß die Bewohner hauptsächlich Bauern waren. Auf den meisten Erdgeschoßetagen waren Lagerräume und Ställe. Die anschließenden Höfe dienten sowohl als Wohnräume für Menschen, als auch für Tiere. Draußen weisen die ausgeklügelten Wassersysteme des Dorfes aus dem 2. Jh. und der Stadt des 6. Jh., kombiniert mit den terrassierten Feldern entlang der Wadis, auf eine ausgeprägte Kultivierung des Geländes.
Literaturangaben:
Butler, H.C. 1913 “Ancient Architecture,” Pp. 149-213 in Syria. Publications of the Princeton University Archaeological Expedition to Syria (Div. II, Part 3, Umm Idj-Djimal, Leyden) 149-213.
De Vries, B. 1990 Umm EL- JIMAL „Gem of the Black Desert“ A brief guide to the antiquities.
De Vries, B. 2000. Continuity and change in the urban character of the Southern Hauran from the 5th to the 9th century: The archaeological evidence at Umm Al- Jimal, Pp. 38- 48 in Mediterranian Archaeology Australian and New Zealand Journal for the Archaeology of the Mediterranian World Vol. 13, Offprint. Pp 38- 48.
Titelbild: Breitarkadenbasilika in Umm el-Jemal, Jordanien. Foto: C.Schneider; Text: M.Stremke